Habitat/Ökologie (Meinunger & Schröder 2007) Diese Art wurde erstmalig von Warnstorf (1906: 871) als Leptodictyum decipiens beschrieben. In einer Anmerkung schreibt er: „Eine sehr eigentümliche Pflanze, die mit keiner bis jetzt aus Europa bekannten Art Ähnlichkeit hat“. In der Folgezeit geriet sie völlig in Vergessenheit, bis Walsemann in Frahm & Walsemann (1973) erneut auf sie aufmerksam machte. Trotzdem wurde auch danach die Art von den Bryologen weiter ignoriert und fand keinen Eingang in die neuere Literatur, sie fehlt auch in Ludwig et al. (1996) und Koperski et al. (2000). Die Art ist schwachen Formen von Campylium polygamum sehr ähnlich. Sie wächst in lockeren, blass- bis gelbgrünen, trocken etwas glänzenden Rasen und wird bei Warnstorf (1906) ausführlich beschrieben und abgebildet. Walsemann (in litt.) hat eine Originalprobe von Warnstorf im Herbar Hamburg (HBG) eingesehen und bringt weitere Detailzeichnungen: Frahm & Walsemann (1973, Anhang Tafeln 17+18). Die Pflanzen sind wenig verzweigt. Ein wichtiges Merkmal, auf das bereits Warnstorf aufmerksam macht, sind die „zuweilen nach oben allmählich verdickten, etwas verflacht beblätterten Achsen“. Es sind auffällige, rüben- bis keulenförmige Bildungen, die dicht mit aufrechtabstehenden Blättern besetzt sind und einen struppigen Eindruck machen, sie sind meist endständig, können aber auch durchwachsen (interkalar) sein. Solche Gebilde sind uns bei ähnlichen Arten bislang nicht begegnet. Das von Warnstorf beschriebene Material war steril: „Blüten und Sporogone unbekannt“. Inzwischen liegen uns eindeutig hierher gehörende Proben vor, die rein männlich oder rein weiblich sind, die Art dürfte also diözisch sein. Sie lässt sich von der nächstverwandten Art Campylium polygamum folgendermaßen abgrenzen: Campylium decipiens ist diözisch, Stängel meist am Sprossende, manchmal auch interkalar teilweise rüben- oder keulenförmig verdickt und hier dicht gedrängt, schräg und struppig abstehend beblättert. Campylium polygamum ist autözisch oder polyözisch, Stängel überall gleich dick und regelmäßig beblättert. An offenen, sowohl feuchten bis nassen als auch ziemlich trockenen Stellen. Meist auf neutralem bis schwach saurem Sand und Lehm, am Grunde von Mauern, in Zierrasen, Viehweiden und Fettwiesen, in Sand- und Kiesgruben, auf geschotterten Waldwegen sowie über abgestorbenen Pflanzenresten und Schilf an See- und Teichufern. Viele Standorte sind anthropogen entstanden oder beeinflusst. Über die Begleitflora ist noch wenig bekannt. An feuchten bis nassen Stellen auf Seggenbulten und am Grunde von Erlen und Weiden. An offenen, feuchten Stellen mit Marchantia, Anthoceros, Blasia pusilla, Fossombronia-Arten und Eurhynchium hians. Daneben wurde die Art aber auch in trockenen Zierrasen und Viehweiden mit Aira caryophyllea, Agrostis tenuis und Hiercacium pilosella gefunden.
Verbreitung (Meinunger & Schröder 2007) Obwohl die Pflanze noch sehr wenig bekannt ist, lässt sich ihre Verbreitung in den Grundzügen bereits erkennen. Es handelt sich um eine Art des Flach- und Hügellandes mit Hauptverbreitung im Norden. Im Süden offenbar nur vereinzelt in tieferen Lagen: SH: Frahm & Walsemann (1973); Walsemann (in litt.); 1522/2 Kiesgrube beim Dannewerk S Rotenkrug, mit Marchantia und Brachythecium rivulare, 16.12.1992, WS, rev. Walsemann (!). Sicher weiter verbreitet als bisher angegeben. MV: 1739/4 Sandgrube W Hirschburg, 19.09.1984, LM, Pflanzen weiblich!; 2534/1 See an der Autobahn W Kraak, 03.10.1997, LM, Pflanzen männlich!; 2634/2 Wiese am Waldrand N von Ludwigslust, 16.10.1992, E. Walsemann (!); Manthey (1999); T. Richter (!); C. Linke (!). NE: Koperski (1984); Buse (1998); E. Walsemann (in litt.); 3228/3 Acker O von Marwede, 21.10.1993, WS, Pflanzen weiblich! BB: 2738/4 Typuslokalität: „Triglitz, auf einem Pappelstumpf mit und unter Amblystegium serpens am 6. April 1898 von Jaap entdeckt“, Warnstorf (1906); 3547/1 V. Otte (!); 4053/3 C. Grätz (!). NW: 3906/1 Crosewicker Feld, 15.09.1996, C. Schmidt (!); 3907/4 Kuckucksbusch, feuchter, grasiger, etwas geschotterter Waldweg, 22.09.1997, WS; U. Abts (!); C. Schmidt (!). HE: 4822/3 feuchte Wiese an der Eder bei Altenburg, 02.06.1995, WS. SN: M. Reimann (!); F. Müller (!). In F. Müller (2004) unter der Bezeichnung Campylium polygamum var. minus veröffentlicht. SL: 6706/1, S. Caspari (!). BW: 8017/3 Sumpf W Pfohren, 11.09.1998, WS. BY: 6738/4 Maxhütte, altes Bergwerksgelände, flache Uferzone, mit Drepanocladus aduncus, 11.08.1997, WS; 6839/2 Nittenauer Wald, Waldrand, mit Anthoceros, Blasia und Fossombronia, 05.08.1997, WS. Die Art kommt mit Sicherheit auch in den Nachbarländern vor. Uns liegt eine Probe aus Österreich vor: Steiermark: Oberes Murtal 3 km SO Weißkirchen, lückige Fettwiese, mit Eurhynchium hians, 10.04.1995, H. Köckinger, Nr. 95–35 (!).
Bestand und Gefährdung (Meinunger & Schröder 2007) Die Art kriecht meist einzeln zwischen anderen Moosen umher, doch finden sich gelegentlich auch größere bis große Bestände. Die Zahl der Nachweise wird sich künftig beträchtlich erhöhen. Eine Gefährdung ist derzeit nicht erkennbar, die Art wird durch menschliche Tätigkeit eher gefördert.