Habitat/Ökologie (Meinunger & Schröder 2007) Jeder, der sich mit alpinen Pohlia-Arten befassen will, muss sich zuerst und vor allem mit dieser Art in allen ihren Erscheinungsformen genauestens und umfassend vertraut machen, um sich vor ständigen Irrtümern zu schützen. In der sterilen „Normalform“, wie sie unterhalb der Waldgrenze vorwiegend auf Waldwegen vorkommt, bildet sie einzelne, große, purpurrote Brutkörper in den Blattachseln und ist daran leicht zu erkennen. Diese Brutkörper fallen jedoch, besonders im Herbar, leicht ab und müssen dann im Substrat gesucht werden. In ihrem Hauptentfaltungsgebiet in subalpinen Lagen oberhalb der Waldgrenze findet sie sich oft mit Sporogonen, Brutkörper werden entweder überhaupt nicht mehr oder nur noch spärlich gebildet. Derartige, weit verbreitete sterile Formen ohne Brutkörper geben ständig Anlass zu Verwechslungen mit anderen Pohlia-Arten. In alpinen Lagen in Karrenlöchern und feuchten Felsspalten bleiben die Pflanzen klein, die Stängel sind oft verbogen und bilden watteartige, sehr lockere, weiche, oft rot überlaufene Polster. Die immer noch purpurroten, einzeln in den Blattachseln stehenden Brutkörper bleiben klein und beginnen bereits an der Pflanze auszuwachsen. Solche Proben machen zunächst einen fremdartigen Eindruck, als seien sie mit flagelliformen Bruchtrieben übersät und sind vielleicht eine eigene Varietät, Zellnetz und Blattform sind aber unverändert wie bei der Normalform. Solche Pflanzen liegen uns vor: 8531/4 Zugspitzplatt, 2350 m, R. Lotto; (!!); 8533/4 Westliche Karwendelspitze, 2300 m, W. Braun (!); 8543/2 Karrenloch am Funtensee, 2140 m, U. Beyerlein (!). Man vergleiche auch die Ausführungen von Suanjak & Köckinger (1993). Pohlia obtusifolia ist parözisch, hat meistens Kapseln (vergl. Abb. 99) und 24–28 µm große Sporen. Pohlia drummondii ist diözisch, die Sporen sind kleiner, weiterhin bestehen bei den Kapseln Unterschiede in den Exothecialzellen und im Peristom. Sterile Pflanzen müssen sehr genau untersucht werden. Pohlia obtusifolia hat niemals Brutkörper, die dünnwandigen Blattzellen sind 12–16 µm breit, die Blätter sind, besonders im unteren Teil des Stängels, oft ovalstumpflich und deutlich gekielt, die Rippe ist dick und im Alter am Grunde meist schwärzlich. Pohlia drummondii hat schmälere, ebenfalls dünnwandige, 10–12 µm breite Zellen, die Rippe ist schwächer und im Alter rötlich, die Blattspitze ist dreieckig bis herzförmig zugespitzt. Besonders schwierig gestaltet sich die Abgrenzung gegen die ebenfalls diözische und im Gebiet bisher immer sterile P. ludwigii. Hier muss man sich die Unterschiede an sicherem Vergleichsmaterial klar machen, bis man Bestimmungssicherheit gewinnt. Pohlia ludwigii hat in der Blattmitte dünnwandige, 12–20 µm breite Zellen, die am Rande deutlich schmäler werden und einen Saum vortäuschen. Die Blätter sind oval, zur meist stumpflichen Spitze hin gleichmäßig abgerundet, die Blattrippe im Vergleich zur Blattgröße eher dünn. Der Blattgrund läuft breiter und weiter herab als bei P. drummondii. Pohlia ludwigii ist meist etwas größer als P. drummondii und in der Farbe mehr rotgrün. Alle drei genannten Arten treten oft in Mischbeständen auf. Pohlia drummondii wächst auf neutralen bis schwach sauren, feuchten Lehmböden, unterhalb der Waldgrenze meist auf wenig befahrenen Waldwegen. Begleiter sind: Oligotrichum hercynicum, Nardia scalaris, Scapania curta, S. irrigua, Cephaloziella hampeana, Hypnum lindbergii, Atrichum undulatum, Dicranella heteromalla und Pohlia annotina. Eine soziologische Aufnahme zu der Art findet sich bei Marstaller (1994b).
Verbreitung (Meinunger & Schröder 2007) Hauptverbreitung in den Alpen außerhalb der Kalkgebiete sowie in höheren Lagen der Silikatmittelgebirge, vereinzelt im Hügelland in nadelwaldreichen Sandgebieten, sehr selten und meist vorübergehend auch im Flachland. Die Art ist erst in jüngster Zeit klar erkannt und richtig unterschieden worden, sie dürfte in einigen Gebieten noch übersehen sein. Wegen großer Unklarheiten bleiben viele ältere Literaturangaben in der Karte unberücksichtigt. Norddeutsches Flachland: BB: In JE liegen richtige Belege von 2647/3, vergl. Düll (1994) und 3347/3 Bucher Ausstich, Osterwald (1910), vor (!). Keine Neubestätigungen. NB, ST: Harz: Oberharz: 4129/3 und 4229/2 (JE !), (!!). Unterharz: 4231/4 Tiefenbachtal S von Treseburg, auf einem Waldweg, 16.09.1952, K. Koppe (HAL !). In diesem Gebiet sicher weiter verbreitet und nur nicht beachtet. Außerdem 4423/2 Fürstenhagen, Düll (1994). HE: 4917/3 P. Erzberger (!), wahrscheinlich in den dortigen Mittelgebirgen weiter verbreitet. TH: Im Thüringer- und Frankenwald nicht allzu selten, neuerdings durch Kalkung der Waldwege rückläufig. Vereinzelt bis in das Buntsandsteinhügelland herabsteigend, Meinunger (1992). SN: In höheren Lagen des Erzgebirges wohl nicht selten, vereinzelt auch tiefer: JE (!); (!!); Düll (1994); Marstaller (1994b); Biedermann (2000); Baumann & Escher (2002); F. Müller (2004). RP: Düll (1995). BW: Vereinzelt im Südschwarzwald, sonst selten, Nebel & Philippi (2001). BY: In den Alpen ist die Art verbreitet, hier kommt sie auch oft mit Kapseln vor. Sie ist in den ostbayerischen Grenzgebirgen aus dem Frankenwald und Bayerischen Wald bekannt, ist aber sicher auch in den übrigen Gebieten vorhanden. Einmal wurde sie in Mittelfranken gefunden: 6432/1, v. Brackel (!).
Bestand und Gefährdung (Meinunger & Schröder 2007) In den Alpen verbreitet und öfter auch in größeren Beständen. In den übrigen Gebieten nur zerstreut bis selten. Die Art ist in vielen Gebieten noch ungenügend bekannt, sie wird durch forstliche Tätigkeit gefördert, verschwindet aber bei Kalkungsmaßnahmen. Eine Gefährdung ist im Gebiet nicht erkennbar.