Habitat/Ökologie (Meinunger & Schröder 2007) Scapania scandica ist innerhalb der Sektion Curtae die am schwierigsten zu erkennende Art. Selbst in der neuesten Standardliteratur wird sie vielfach unzureichend, teilweise irreführend und in einigen Punkten geradezu falsch dargestellt. Man muss die Art an gut entwickelten Pflanzen mit Perianthien kennenlernen, leider sind aber gerade hier weibliche Pflanzen viel seltener zu finden als männliche. Es standen uns schließlich doch etwa 15 Proben zur Verfügung. Männliche Pflanzen geben sich an der an Teilen der Pflanzen fast immer vorhandenen, intensiv purpurroten Färbung zu erkennen, es ist aber zu beachten, dass auch Scapania curta und S. irrigua oft rot gefärbte Formen ausbilden. Solange man das gesamte Umfeld der Sektionen Curtae und Irriguae nicht wirklich kennt und beherrscht, sollte man Bestimmungsversuche an sterilen, S. scandicaverdächtigen Proben besser unterlassen. Das wichtigste Erkennungsmerkmal von Scapania scandica ist die völlig ganzrandige, oft etwas wellige Perianthmündung. Nur bei der Varietät argutedentata, vermutlich eine Form feuchterer Standorte, kommen einzelne, entfernt stehende Zähnchen vor, die etwas an S. helvetica erinnern, man vergleiche die Abbildungen bei Buch (1928, Fig. XVI). Bei Paton (1999, Fig. 169) und Damsholt (2002, Plate 121) werden neben der korrekten Form mit ganzrandiger Mündung auch Formen mit dicht gezähnter Perianthmündung abgebildet. Letztere Formen sind uns nie begegnet und gehören nach unserer Überzeugung nicht zu S. scandica, sondern zu S. curta (oder anderen Arten). Vermutlich ist dieser Irrtum durch eine Überbewertung von Ölkörpermerkmalen bei der Unterscheidung von S. scandica und S. curta, wie sie besonders Paton (1999) angibt, entstanden. Eine „Bestimmung“ nach Ölkörpern bei S. scandica, besonders bei sterilen Pflanzen, sollte besser unterbleiben. In Übereinstimmung mit den Angaben bei Buch (1928), K. Müller (1951–1958) und Damsholt (2002) fanden wir die Brutkörper immer hell oder leicht rosarot gefärbt. Formen mit purpurroten Brutkörpern, wie sie nach Paton (1999) auch vorkommen sollen, dürften ebenfalls zu anderen Arten gehören. Verdächtige Proben aus unserem Gebiet haben sich als zu S. cuspiduligera gehörend herausgestellt und wurden obenstehend mit verschlüsselt. Nachdem wir aus dem umfangreichen von uns untersuchten Material nur die Proben aufgenommen haben, die uns ganz sicher erscheinen, beginnen sich nun auch Ökologie und Verbreitung der Art im Gebiet klarer abzuzeichnen. Sämtliche Literaturangaben bleiben unberücksichtigt. Scapania scandica wächst an halboffenen Stellen auf dünner Erd- und Humusauflage auf Felsköpfen, zwischen Blöcken (besonders Basalt) und an angesprengten kleinen Felsen an Straßenrändern und in Steinbrüchen. Es ist offensichtlich ein Pioniermoos, das, ähnlich wie Scapania lingulata und S. mucronata, erdige Felsspalten und Lücken an Felsflächen, die durch herabfallende größere Moospolster entstehen, rasch besiedelt. Während Scapania lingulata und S. mucronata bevorzugt neutrale Stellen in tieferen und mittleren Lagen besiedeln und oft gemeinsam vorkommen, liegt der Verbreitungsschwerpunkt von S. scandica in höheren, montanen Lagen auf stärker sauren Substraten. Bis auf eine Ausnahme haben wir sie nie gemeinsam mit den beiden vorgenannten Arten oder in deren Nähe angetroffen. An offenen, sauren Erdrainen, insbesondere entlang von Forstwegen, wo Scapania curta und S. helvetica regelmäßig vorkommen, haben wir sie bisher nicht gefunden. Zuverlässige ökologisch-soziologische Angaben liegen nicht vor, aus dem vorliegenden Belegmaterial ergeben sich als Begleiter: Lophozia sudetica, L. ventricosa, Diplophyllum taxifolium, Barbilophozia barbata, B. hatcheri, B. attenuata, Cephalozia lunulifolia, Andreaea rupestris, Pohlia nutans, Dicranella heteromalla, Racomitrium heterostichum, R. sudeticum, R. microcarpon, R. fasciculare, R. lanuginosum, Grimmia hartmanii, Plagiochila porelloides, Scapania irrigua, Marsupella funckii.
Verbreitung (Meinunger & Schröder 2007) Hauptverbreitung in den höheren Mittelgebirgen über silikatischen Gesteinen, besonders Basalt, Schiefer und Porphyr. Nur ausnahmsweise in tieferen Lagen sowie in den Alpen: NB, ST: Im Oberharz offenbar zerstreut: 4228/1 halbschattiger Silikatfels am Söseufer bei Kamschlacken, 24.11.2003, M. Preussing (!); 4229/1, M. Koperski (!); 4229/3 Felsbrocken in der Oder über der Mittelwasserlinie bei der Straßenbrücke nahe dem Rinderstall, mit Perianthien, 2003, leg. R. Schubert, det. LM; 4230/1 Bärenklippe im Hohnekamm, an der senkrechten Seite eines Blockes auf der Südseite der Höhe, mit Lophozia ventricosa, 16.08.1953, leg. K. Koppe, det. LM (HAL !); 4331/2 NO Allrode, Waldwegrand unter Fichten, mit Cephalozia lunulifolia, 07.04.1990, J. Rettig (!). NW: 4617/3 Bruchhauser Steine, hier schon von F. Koppe (1977, 1. Nachtrag) angegeben. Neuerdings in der Varietät argutedentata mit entfernt gezähnelter Perianthmündung und teilweise fingerförmig gezähnten Blattlappen von C. Schmidt wieder nachgewiesen: Quarzporphyrblöcke unter dem Goldstein, 16.08.2003 (!) und Ravenstein, Nordostwand, feuchter Quarzporphyr, 18.09.2003 (!); 4716/2 nordexponierter Tonschieferfelsen „Auf dem Kipp“ S Ramsbeck-Wasserfall, 31.03.1999, C. Schmidt (!); 4812/4 Spärlich, aber mit Perianthien auf einem verheideten Waldweg W Ebberg, mit Archidium alternifolium, Marsupella funckii und Scapania irrigua, 20.06.1997, LM; 5016/22 Beddelhausen, Steinbruch am Bahnhof, mit Perianthien, 28.10.1994, P. Erzberger (!); 5211/1 Waldweg in Bachnähe O Herden, 14.03.1995, WS. HE: Auf höher gelegenen Basaltbergen anscheinend ziemlich regelmäßig: 4725/3 Meißner, mehrfach zwischen Moosen über Basaltblöcken, 6/2000, leg. M. Preussing, det. LM; 5421/3 Vogelsberg, Geiselstein, an Basaltgestein, 10/2002 C. Schmidt, det. LM; 5525/2 kleine Basaltblockhalde „Schäferstand“ S Wüstensachsen, mit Diplophyllum taxifolium, 08.05.2002 (!!). TH: 5229/2 Mittelwassergrund S Tambach, Rotliegendes, mit Perianthien, 04.09.1979, LM; 5230/3 Triefstein, Ohra, F. Quelle als Scapania compacta in Herbar K. Koppe (HAL, det. LM); 5430/2 Roter Stein am Adlersberg, Porphyr, 05.10.1974, LM; 5432/1 feuchte, angesprengte Schieferfelsen an der Straße beim Bahnhof Katzhütte, 14.08.2004 (!!); 5432/3 Goldisthal, 12.06.1978, leg. R. Marstaller, det. LM (JE !); 5532/2 alte Brücke im oberen Göritzgrund NO Steinheid, mit Perianthien, 08.09.1970, LM; 5534/2 Schieferbruch SW Lehesten, 02.07.2005 (!!). SN, Tschechien: 5544/2 Jeleni Hora (Haßberg), Basalt, 02.10.1995, S. Biedermann, det. LM (!); 5544/3 Hammerunterwiesenthal, Großer Bruch, Phonolit-Blockhalde, 27.02.1998, M. Baumann, det. LM (!); 5153/2 Lausche bei Waltersdorf, mit Lophozia sudetica, 04.05.1987, leg. R. Marstaller als S. mucronata, det. LM (JE !). BY:Nordbayern: Rhön: 5524/4 Dalherdaer Kuppe, Basaltblöcke an der Nordseite, mit Grimmia hartmanii, 14.12.2002, K. Offner, det. LM; 5526/1 Basaltblöcke auf der Ostspitze des Heidelsteins, vielfach zwischen Andreaea rupestris und Racomitrium-Arten, 910 m, 17.10.2003 (K. Offner, I. Dietz, C. Schmidt, !!); 5625/1 auf Basalt, leg. K. Offner, det. LM. Jura: 5933/1 Auf Dogger am Islinger Berge bei Weismain, mit Perianthien, beigemischt sind männliche Pflanzen von S. mucronata, 28.06.1905, A. Ade als S. curta, det. LM (REG !). Bayerischer Wald: 6944/2 An senkrechter Gneisfelswand im Schluchtwald der Arberseewand, 25.07.1968, J. Futschig als S. helvetica, det. LM (FR !); 6945/2 Bergwald am Großen Höllbach über der Baronsteghütte, 800 m, mit Barbilophozia barbata, B. attenuata, Plagiochila porelloides, 12.08.1956, F. & K. Koppe (HAL !). Alpen: 8428/3 Iseler S Oberjoch, saure Wegböschung, an erdigem Gestein, 23.07.2001, leg. M. Preussing, det. LM (!); 8543/2 Funtenseetauern, Ledererkopf, mit Kiaeria starkei, Polytrichum piliferum, Jungermannia subelliptica, Cephalozia bicuspidata, Lophozia sudetica, 1945 m, 05.10.1988, leg. U. Beyerlein, det. LM. – Zu streichen: Sämtliche Angaben K. Koppe (1964): Beleg der Schönberger Ache ist S. cuspiduligera, die beiden anderen gehören zu S. mucronata, rev. LM (HAL !).
Bestand und Gefährdung (Meinunger & Schröder 2007) Die Art ist offenbar ein kurzlebiges Pioniermoos mit entsprechend raschen Schwankungen im Auftreten. Nur am Heidelstein in der Rhön sahen wir größere Bestände. Die meisten Vorkommen liegen in Waldgebieten, teilweise in Naturschutzgebieten, und mit weiteren Neufunden ist zu rechnen. Eine stärkere Gefährdung ist im Gebiet derzeit nicht erkennbar.