Habitat/Ökologie (Meinunger & Schröder 2007) Scapania paludicola ist sehr nahe mit S. irrigua verwandt. Seit ihrer Erstbeschreibung bei K. Müller (1905–1916 (2): 425) wird sie vor allem durch den kurzen, halbkreisförmigen Blattkiel und den herzförmigen, weit über den Stängel übergreifenden Oberlappen mit zum Stängelende hin gerichteter, scharfer Blattspitze von Scapania irrigua unterschieden. In den beigefügten Abbildungen wird sie immer stark idealisiert dargestellt und macht auf jeden „unvorbelasteten“ Bearbeiter den Eindruck einer gut abgegrenzten Art. Untersucht man jedoch ein reichliches Material, so zeigt sich, dass die genannten Merkmale oft an ein und derselben Pflanze deutlich variieren und dass es „Zwischenformen“ gibt, die nicht bestimmbar sind; man vergleiche die Ausführungen in Gradstein & van Melick (1996). Diese Autoren weisen darauf hin, dass als einzig zuverlässiges Unterscheidungsmerkmal die Farbe der Brutkörper übrig bleibt, eine Ansicht, die wir nach Durchsicht sehr umfangreichen Materials nur bestätigen können. Nachdem damit die Unterscheidung von Scapania irrigua und S. paludicola geklärt erscheint, stellt sich als neues Problem die Unterscheidung von S. paludicola und S. hyperborea. Diese Frage wird bislang in keinem Schlüssel beantwortet. Es zeichnet sich ab, dass auch S. paludicola neben dem in der Literatur dargestellten „Idealtyp“ seinerseits Formen bildet, die in den übrigen morphologischen Merkmalen mit S. irrigua übereinstimmen. Solche Formen liegen uns in mindestens zwei Proben vor, bestimmt man diese unkritischformalistisch, etwa mit Schumacker & Váña (2000) oder Damsholt (2002), kommt man damit direkt auf S. hyperborea. Insbesondere eine Probe aus Hessen (vergl. unten) entspricht in allen Einzelheiten der Beschreibung von Scapania sarekensis (Arnell und Jensen) Stephani in K. Müller (1905–1916). Müller ist sich über deren systematische Stellung nicht klar, „zumal auch der Formenkreis der S. hyperborea noch ganz im Dunkeln schwebt“. An letzterer Feststellung scheint sich bis heute nicht viel geändert zu haben. Damsholt (2002) stellt Scapania sarekensis als Synonym zu S. hyperborea. Wir gehen davon aus, dass die als nordisch geltende Scapania hyperborea in unserem Gebiet nicht vorkommt und stellen diese Formen zu S. paludicola. Scapania paludicola ist eine Art neutraler bis schwach saurer Quell- und Niedermoore. Sie kommt nur an sehr naturnahen, artenreichen Standorten mit gleichmäßiger Wasserversorgung vor und verschwindet bei Störungen sofort. Begleiter sind die folgenden Arten: Sphagnum warnstorfianum, S. teres, S. subsecundum, S. contortum, Aulacomnium palustre, Warnstorfia exannulata, Bryum pseudotriquetrum, B. weigelii, Tomentypnum nitens, Campylium stellatum, Hypnum pratense, Scapania irrigua, S. degenii, Gymnocolea inflata, Calliergon giganteum, C. stramineum und Calliergonella cuspidata. Publizierte Vegetationsaufnahmen mit dieser Art sind wegen der dargelegten Bestimmungsschwierigkeiten mit Vorsicht aufzunehmen.
Verbreitung (Meinunger & Schröder 2007) Der größte Teil der bisher veröffentlichten Fundangaben ist ohne erneute kritische Prüfung sehr unsicher. Wir haben deshalb in der Karte Literaturangaben weitestgehend unberücksichtigt gelassen und (fast) nur von uns geprüfte Belege aufgenommen. Die Art ist in den noch intakten Moorgebieten am Alpenrand bis heute zerstreut, in den übrigen Gebieten sehr selten, gesicherte Nachweise aus neuerer Zeit lagen uns nicht vor: SH: 2428/1 Grande, nasses Moor in der Nähe des Helkenteiches, an Carex-Stöcken, 30.09.1958, E. Walsemann (!). MV: 1447/2 altes Torfmoor W Baumhaus Hagen, 26.09.1959, leg. L. Jeschke, det. F. Koppe (JE !). ST: 4229/2 Auf dem Brocken in kleinen Moorlöchern zwischen Sphagnum bei 1000 m, die Typuslokalität !, K. Müller (1905–1916). HE: 4918/4 Bottendorf, Entwässerungsgraben in einem sumpfigen Heidestück im Nemphegrund 0,5 km S Forsthaus Wolkersdorf, mit Erica tetralix und Juncus squarrosus, 17.11.1961, J. Futschig (FR !); 4919/2 Eutrophes Wiesenmoor auf den Börnerwiesen bei Löhlbach, 14.10.1950, J. Futschig (FR !); 5019/3 An der obersten Kante eines tiefen Entwässerungsgrabens am Rande des Heidemoores am Fuß des Kleinen Hirschberges S Bracht, 16.11.1960, J. Futschig (FR !), dieser Beleg entspricht der Beschreibung von Scapania sarekensis (siehe oben), die Brutkörper sind schon an ganz jungen Pflanzen tief purpurrot gefärbt, sämtliche Gemmen gut entwickelt rundlichelliptisch, der Blattkiel völlig gerade und auch nicht andeutungsweise gebogen, die Zellecken sind sehr stark knotig verdickt, J. Futschig bestimmte die Probe als S. paludicola var. kaalaasii. BY: Alpen: 8527/3 Schönbergalpe SW Obermaiselstein, 1360 m, 25.08.1957, K. Koppe (HAL !); 8433/1 Wildseemoor zwischen Krottenkopf und Simetsberg, 1390 m, 30.09.1962, R. Lotto (!); 8532/2 Lanzen-Moos S von Garmisch, 1300 m, 25.10.1978, R. Lotto (!); 8532/2 Scheibenmoos S von Garmisch, 1250 m, 23.10.1960, R. Lotto (!); 8533/1 Hirzeneck SO von Kaltenbrunn, Großes Jochmoor, 1150 m, 07.11.1971, R. Lotto (!); 8533/1 Sumpfwiesengraben W Klais, 12.10.1969, R. Lotto (!); 8533/2 zwischen Tennsee und Tonihof, 940 m, 10/1966, R. Lotto (!); 8337/1 Moor am Spitzingsee, 13.09.1995, LM; 8343/1 Moor O Moosalm N von Ramsau, 1350 m, 24.08.1994 (!!).
Bestand und Gefährdung (Meinunger & Schröder 2007) Nur am Alpenrand sind noch intakte Moore vorhanden, die das Überleben der Art vorerst sichern. Sie wächst aber auch hier nur in kleinen Beständen zwischen anderen Moosen: RL 3. In allen übrigen Gebieten sind geeignete Wuchsorte in den vergangenen Jahrzehnten völlig vernichtet oder hochgradig degradiert worden, Neubestätigungen fehlen: RL 0.