Habitat/Ökologie (Meinunger & Schröder 2007) Die hier zusammengestellten Pflanzen sind mit ziemlicher Sicherheit identisch mit dem, was K. Müller (1905-1916, part. 1: 191) als Riccia commutata Jack beschreibt und abbildet. Später hat K. Müller (1951-1958) diese Art wieder eingezogen und für ein Synonym von Riccia warnstorfii erklärt mit der Folge, dass sie in der neueren Literatur nirgends mehr zu finden ist. Damsholt & Hallingbäck (1986 b) haben dann vermutlich genau diese Art neu als Riccia gothica beschrieben. Die von uns vermutete Identität beider Arten lässt sich nur an Hand von Typusmaterial klären, solches stand für Riccia commutata nicht zur Verfügung. Von Riccia gothica liegt uns ein Beleg von der Typuslokalität vor: „Sweden: Västergötland, Dala kalkbrott. Along a path on the weathered surface of the chalk, S. of the active part of the mine. 6. Sept. 1985. leg. K. Damsholt“. Wir benutzen deshalb hier diesen neueren Namen. Riccia gothica bildet bei guter Entwicklung sehr regelmäßige, kreisrunde, kompakt wirkende, grüne bis graugrüne Thalli, die Landformen von Riccia rhenana ähnlich sind. Der Thallus ist mehr oder weniger rechtwinklig verzweigt, im Querschnitt zwei- bis dreimal so breit wie hoch und an den Rändern nicht aufgebogen. Die Thallusränder verlaufen parallel und sind vorne stumpf abgerundet. Sie sind violettrot gefärbt, bei Schattenformen ist die Färbung nur angedeutet, an exponierten Stellen kann sie sehr intensiv und auffällig sein. Zilien sind nicht bekannt. K. Müller (1905-1916) schreibt: „ohne Randzilien“, auch Damsholt & Hallingbäck (1986 b) nennen keine Zilien, und auch wir haben diese bisher nicht gefunden. Sporogone sind meist reichlich vorhanden und wölben sich uhrglasförmig über die Thallusoberfläche. Die Sporen sind auch im vollreifen Zustand noch immer gelb, honigfarbig oder gelbbraun, nur ausnahmsweise braun und dann mit gelblichen gemischt, die Größe beträgt 60-80 µ. Die Sporenfelderung liegt etwa in der Mitte zwischen den Strukturen, die die anderen häufigeren Riccien zeigen, und ist gut in den Zeichnungen bei Damsholt & Hallingbäck (1986; 1986 b) sowie Damsholt (2002) dargestellt. Bleibend gelbe, meist etwas kleinere Sporen hat auch R. huebeneriana, diese ist durch Thallusquerschnitte leicht zu unterscheiden. Auch bei R. crozalsii können die Sporen bisweilen lange gelb bleiben, man muss hier nach ausgereiften Sporen suchen, die dunkelbraun bis schwarz sind. R. crozalsii unterscheidet sich außerdem durch andere Thallusform mit meist mehr oder weniger reichlich vorhandenen Zilien, gut entwickelte Sporogone sind oft stark nach unten vorgewölbt und erheben sich nur wenig über die Oberfläche. Schwach entwickelte Formen von R. bifurca, bei denen die proximale Sporenseite ein nahezu geschlossenes Netzmuster zeigt, können Anlass zu Verwechslungen geben. Bei diesen sind die Sporen blassbraun ohne Gelbtöne, und die Thallusränder sind wulstig aufgewölbt. Alle übrigen häufigeren Riccien sind schon durch die konstant andere Farbe reifer Sporen, aber auch durch andere Thallusform leicht zu unterscheiden: R. glauca und R. glauca var. subinermis besitzen rosabraune bis braune Sporen, bei R. warnstorfii sind diese immer charakteristisch dunkel kaffeebraun. Die Art wird von Damsholt & Hallingbäck (1986 b) und Damsholt (2002) als „calciphyte“ bezeichnet, was auch für unser Gebiet zutrifft. Etliche Vorkommen befinden sich auf kalkgeschotterten Waldwegen mit Pellia endiviaefolia, Dicranella varia, Didymodon fallax, Pohlia wahlenbergii, Cratoneuron filicinum, Calliergonella cuspidata, Eurhynchium hians, Ctenidium molluscum, wobei die Art teilweise sogar epibryisch wächst. Daneben werden trockenfallende, meist nährstoffreiche Schlammflächen in Flussniederungen und nasse Gräben besiedelt, während sie auf Äckern seltener zu finden ist.
Verbreitung (Meinunger & Schröder 2007) Nachweise liegen vom Flachland bis in die Alpentäler vor. Die Verbreitung ist erst in Ansätzen bekannt, besonders in Süddeutschland und am Alpenrand dürfte die Art viel weiter verbreitet sein als angegeben. Nachfolgend eine Zusammenstellung aller bislang bekannten, sämtlich von uns bestimmten Belege: MV: 1839/4 Graben bei Neu Fiensdorf, mit Ditrichum cylindricum und Riccia cavernosa, 14. 8. 1987, C. Berg; 2042/4 Grabenrand SO Finkenthal, 27. 9. 1984, LM; 2632/1 Stoppelacker 1,8 km NW Schwechow, mit Riccia bifurca und R. sorocarpa, 22. 8. 1986, K.-F. Günther (JE). NE: 2318/32 Fahlenbruch N Drangstedt, in den Pflasterfugen der Waldstraße, mit Cratoneuron filicinum, Bryoerythrophyllum recurvirostrum, Didymodon tophaceus, Barbula convoluta, Pohlia wahlenbergii, Calliergonella cuspidata, 12. 6. 2005, M. Koperski; 2623/32 Thörenwald W Heidenau, auf feuchtem Sand auf einem mit Bauschutt befestigten Weg, mit Pohlia wahlenbergii, Dicranella varia, Cratoneuron filicinum, 12. 11. 2003, M. Koperski; 3731/1 Stoppelfeld O Beienrode, 11. 10. 2000, WS. NW: 4607/2 Friedberg N Klettwig, überdüngtes Gelände einer Baumschule, mit Riccia sorocarpa, 20. 9. 1972, J.-P. Frahm; 5107/3 Auf Schlamm im Brühler Schlosspark, 10/1921, leg. Brasch, BONN. RP: 6013/2 Bingen-Gaulsheim, überfluteter Acker im Kuhried, 29. 6. 2001, A. Oesau, Nr. 12683; 6014/1 W Layenmühle, Quellhorizont auf Brachacker, Lößlehm, 3. 7. 2001, A. Oesau, Nr. 12696; 6014/2 Heidesheim, überfluteter Acker N Autobahn-Anschluss, 27. 6. 2001, A. Oesau, Nr. 12679; 6014/4 Überfluteter Weizenacker an der Selz bei Schwabenheim, Aulehm, 3. 7. 2001, A. Oesau; 6514/415 Wiesengraben W Wachenheim, mit Sphaerocarpus michelii und S. texanus, 1. 11. 1999, O. Röller & H. Lauer, P 15.132. BW: 7413/1 NW Kork, Maisacker, 28. 8. 1999, WS; 7513/1 Acker W Langhurst, mit Didymodon fallax, 28. 8. 1999, WS; 7623/3 Heiligental, feuchter, schattiger Waldweg, mit Ctenidium molluscum, Calliergonella cuspidata, Pellia endiviaefolia, 12. 9. 1999, WS; 7716/4 Deisenbühl, Waldweg, mit Pohlia wahlenbergii, 17. 9. 1998, WS; 8022/1 Stoppelfeld bei Jettkofen, 13. 9. 1999, WS; 8022/3 Laubbach, Getreideacker, 13. 9. 1999, WS; 8111/4 Weinfeld N Niederweiler, 30. 8. 1998, WS. BY: 6536/1 Waldweg S Sulzbach-Rosenberg, 21. 8. 1997, WS; 6938/3 und /4 Donau-Altwasser bei Winzer, 10/1911, I. Familler, Flora exsiccata Bavarica: Bryophyta Nr. 316 B als R. bifurca f. subcrispula, REG, und Donaualtwässer gegenüber den Petroleum-Tanks, Dezember 1911, I. Familler, REG; 8227/4 Kempten, trocken gefallene Kiesbänke der Iller, 680 m, 7. 9. 2003, R. Lübenau; 8228/2 Kraftsried, abgelassener Weiher bei der Tierkörperverwertungsanstalt, auf Schlamm, mit R. sorocarpa, 30. 9. 1973, R. Lübenau; 8336/3 Wildbad Kreuth, lehmiger Wegrand, mit Bryum klinggraeffii, 28. 8. 1995 (!!); 8337/3 N Valepp, geschotterter Waldweg in der Nähe der Klamm, mit Pellia endiviaefolia, Dicranella varia, Cratoneuron filicinum, Calliergonella cuspidata, Pohlia wahlenbergii, 8. 9. 1995, WS.
Bestand und Gefährdung (Meinunger & Schröder 2007) Die Art vermag unter günstigen Bedingungen, etwa auf offenen Schlammflächen, größere Bestände auszubilden. Mehrere Funde auf kalkgeschotterten Waldwegen deuten darauf hin, dass sie an solchen Stellen anscheinend in Ausbreitung ist. Die Art ist sicher viel weiter verbreitet als bisher bekannt und vermutlich nicht stärker gefährdet.