Habitat/Ökologie (Meinunger & Schröder 2007) Die auffälligste und größte einheimische Art dieser Gattung. Trotzdem ist die Art nur bei feuchtem Wetter gut nachweisbar, bei Trockenheit rollen sich die Thalli zusammen und sind der Farbe ihrer Umgebung derart angepasst, dass sie nur sehr schwer zu finden sind. Wie bei manchen anderen Riccien variiert auch hier die Bildung von Zilien in weiten Bereichen. Nur an naturnahen, mäßig sauren bis neutralen Trockenstandorten, auf stärker kalkhaltigen Unterlagen fehlt die Art. Im Racomitrio-Polytrichetum riccietosum ciliiferae in Mitteldeutschland sind nach Marstaller (1989c; 2004) Polytrichum piliferum, Cephaloziella divaricata, Ceratodon purpureus und Cladonia rangiformis charakteristische Begleiter. An lehmigen, weniger sauren Stellen kommt sie im Barbuletum convolutae gemeinsam mit Barbula convoluta, Pseudocrossidium hornschuchianum, Didymodon acutus, Weissia longifolia, Riccia sorocarpa und Cladonia alcicornis vor: Marstaller (1980). Auch in der Rheinpfalz sind die Bestände azidophytisch und schließen sich dem Ceratodonto-Polytrichion an: Caspari (2004). Riccia gougetiana Durien & Mont. Der taxonomische Status von Riccia gougetiana ist bis in die Gegenwart unklar und umstritten. Die Merkmale überschneiden sich in weiten Bereichen mit denen von R. ciliifera. K. Müller (1951-1958) glaubte, in der unterschiedlichen Größe der Bauchschuppenzellen ein sicheres Unterscheidungsmerkmal gefunden zu haben. Nach Szweykowski & Mendelak (1964) unterscheidet sich R. gougetiana durch größere Thallusbreite und längere Bauchschuppenzellen von R. ciliifera, die Unterschiede blieben auch unter Kulturversuchen bestehen, untersucht wurde nur steriles Material. Schumacker & Váña (2000) geben, in Anlehnung an Jovet-Ast (1986), Unterscheidungsmerkmale nach der Thallusfärbung und den Sporen an. Die Unterschiede in der Thallusfärbung erscheinen uns völlig unbrauchbar, sie dürften auf unterschiedliche Standortsverhältnisse und unterschiedliches Alter der Pflanzen zurückzuführen sein. Wichtig erscheinen uns Unterschiede in den Sporen, da diese nach unseren Erfahrungen zu den besten Merkmalen gehören, um in der Gattung Riccia Arten abzugrenzen. Es standen aus dieser Gruppe 5 Belege mit Sporen zur Verfügung: 1.) R. ciliifera, 3250/1 Akazienberg, 24. 6. 2001, S. Rätzel; 2.) R. ciliifera, 4437/3 Franzigmark bei Lettin, 31. 3. 1979, K.-F. Günther; 3.) R. gougetiana, 4437/4 Halle-Kröllwitz, leg. C. Finke, det. S. Jovet-Ast & C. Finke, JE; 4.) 4735/3 Orlas bei Nebra, 27. 5. 1896, leg. B. Hergt als R. glauca in JE, nach den Thallusmerkmalen gehört die Probe zu R. gougetiana var. armatissima (!); 5.) Riccia Bischoffii, Jena, Dr. Dietrich (JE !). In allen Fällen waren die Sporen gut entwickelt, völlig rund und völlig ausgereift. Es ergab sich eine sehr gute Übereinstimmung untereinander mit sehr geringer Streuung: Die Sporengrößen bewegten sich im Bereich 120-160 µ. Die Sporenmorphologie war sehr einheitlich und entsprach nach den Zeichnungen in Jovet-Ast (1986) weitestgehend Pl. 27, fig 5 (R. gougetiana) und Pl. 29, fig. 1-3 (R. ciliifera). Sowohl Sporendurchmesser wie Sporenmorphologie liegen genau in der Mitte der von den oben genannten Autoren angegebenen Streubereiche von R. gougetiana und R. ciliifera. Wir schließen daraus in Übereinstimmung mit Boros in Szweykowski & Mendelak (1964), dass es sich bei R. gougetiana nur um eine Modifikation aus dem hinsichtlich der Thallusmorphologie vielgestaltigen Komplex um R. ciliifera handelt, der zumindest in unserem Gebiet eine sehr einheitliche Sporenmorphologie zeigt. Als eigenständige, gut abgegrenzte Art können wir sie deshalb hier nicht anerkennen. Riccia gougetiana wird erstmalig von Wünschiers (2000) für unser Gebiet aus Mitteldeutschland angegeben, alle Fundstellen decken sich mit altbekannten Fundplätzen von R. ciliifera. Nach Marstaller (in litt.) sind deutliche ökologische oder soziologische Unterschiede zwischen diesen beiden „Arten“ an den angegebenen Stellen nicht feststellbar. Auch die bei K. Müller (1951-1958) als R. gougetiana var. erinacea, bei Jovet-Ast (1986) als R. gougetiana var. armatissima genannte Form, die durch zahlreiche Zilien auch auf der Thallusoberfläche charakterisiert ist, kommt, bestimmt man formalistisch nach Thallusmerkmalen, im Gebiet vor: 4735/3 Orlas bei Nebra an der Unstrut, 27. 5. 1896, leg. B. Hergt als R. glauca in JE (rev. !): Gelbgrüne Thalli mit zahlreichen Zilien auch auf der Thallusoberfläche und gut entwickelten Sporogonen. Die Ortsangabe ist etwas unklar, es kommen entweder der Orlashügel SW Altenroda oder die ehemaligen Kaligruben Orlas weiter nördlich in Quadrant 1 in Betracht.
Verbreitung (Meinunger & Schröder 2007) Nur in den extremsten, klimatisch kontinental getönten Trockengebieten. Es sind zwei klare Verbreitungszentren erkennbar, das mitteldeutsche Trockengebiet zwischen Halle und dem Harzrand und das rheinpfälzische Bergland. Daneben gibt (gab) es Einzelnachweise im Trockengebiet an der Oder, am Rande des Odenwaldes sowie am Kaiserstuhl: BB: 3250/1 Akazienberg bei Freienwalde, mit Stipa pennata, hier erstmalig im Juni 1950 von Straus gefunden, vergl. Reimers (1957). Ein Beleg 11/1951 leg. Heise befindet sich in JE (!). Die Art wurde am 24. 6. 2001 von S. Rätzel (!) wieder bestätigt: Klawitter et al. (2002); Rätzel et al. (2004). ST, TH: Im mitteldeutschen Trockengebiet zwischen Unstrut, Saale und Ostharzrand hat die Art einen Verbreitungsschwerpunkt im Gebiet. Zusammenstellung älterer Angaben: Reimers (1940); F. Müller (1993); Marstaller (1980; 1989 c; 2004); R. Fritsch (!); 4233/1 Langenberg bei Badeborn, 12. 7. 1980, O. Aurich (JE !); Herbar J. Duty (!); unveröffentlichte Angaben: S. Rauschert (!!). - Zweifelhafte Angabe: „Jena, Dr. Dietrich“ (JE !), der Beleg ist richtig bestimmt, die Ortsangabe ist jedoch unklar und wurde nicht in die Karte aufgenommen. – Spätere Angaben von Jena sind zu streichen, vergl. Meinunger (1992). RP: Im linksrheinischen Bergland hat die Art einen zweiten Verbreitungsschwerpunkt im Gebiet: Düll & Meinunger (1989); Düll (1968; 1995); Caspari (2000; 2004); Caspari et al. (2000); Lauer (2005); G. Schwab (in litt.); J. Futschig (FR !); K. Koppe (1940). BW: Nur an der Bergstraße und am Kaiserstuhl. Zusammenfassende Darstellung Nebel & Philippi (2005).
Bestand und Gefährdung (Meinunger & Schröder 2007) Nur im mitteldeutschen Trockengebiet haben sich die Bestände bis heute weitgehend erhalten, viele Vorkommen liegen in Naturschutzgebieten, hier ist die Art wegen Seltenheit gefährdet: RL R. In RP berichtet Caspari (2004) über drastischen Rückgang in jüngster Zeit, als Ursachen werden Wildschäden sowie Zuwachsen und Ruderalisierung der Offenstandorte genannt: RL 2. In BB und BW ist die Art vom Aussterben bedroht: RL 1, in NW verschollen: RL 0.